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18.12.2004
Die Eyre Halbinsel ist Land der Schaf- und Getreidefarmen. Dieses Jahr ist es allerdings so trocken, dass die Ernte ziemlich dürftig ausfällt. Entlang der Küste sind vor allem die Austernzucht und der Fischfang ein grosses Geschäft.
01.12. Auf dem Coastal Scenic Drive ab Streaky Bay heisst die erste Sehenswürdigkeit „High Cliffs & The Dreadnoughts“, imposante Steilklippen mit weit ins Meer hinausragenden niedrigeren Felsen. Am „Speeds Point“ finden wir einen geschützten Sandstrand mit den wunderschönsten Muscheln und Schneckenhäusern. Die schneeweissen Yanerbie Sanddunes sind ein wenig enttäuschend, weil wir sie nur aus weiter Entfernung bewundern können. Im Point Labatt Conservation Park gibt es die einzige permanente Seelöwen-Kolonie auf dem australischen Festland und wir haben das Glück, die Tiere gleich beim Spielen beobachten zu können. Murphy’s Haystacks sind 1500 Millionen Jahre alte vom Wind geformte Granit-Inselberge. Venus Bay ist ein verschlafenes kleines Ferienörtchen. Die Mount Camel Beach mag zum Fischen ideal sein, aber für uns ohne Angelrute übt sie keinen besonderen Reiz aus. Der Walkers Rock Campingplatz würde uns ganz gut gefallen, doch was sich da in der Toilette befindet lässt sogar Peter erschauern, deshalb stoppen wir an der Waterloo Bay in Elliston, wo es sauber und ein wenig windgeschützt ist.
Elliston ist vor allen bekannt für seine schroffen Küsten, den im Jahre 1900 mit Schraubenpfeilern gebauten, erst kürzlich restaurierten 400 Meter langen Steg und die fischreichen Gewässer.
03.12. In Coffin Bay gibt es riesige Austernfarmen und die dort gezüchteten Austern gelten unter Feinschmeckern als die besten in Australien. Von hier fahren wir nur gerade 46 km bis Port Lincoln, einem geschäftigen 14'000 Seelen Ort.
Wir treffen uns dort mit Greg, mit dem uns die Kletterei in der „Weano Gorge“ im Karajini Nationalpark verbindet. Er kommt mit seiner Frau Katrina und dem Sohn Max zum Barbeque auf den wohl schönsten Campingplatz auf der Eyre Halbinsel. Die drei fühlen sich gerade wieder wie im Urlaub, den sie so genossen hatten. Greg organisiert für Sonntag einen Ausflug mit einem Austernschiff, worauf wir uns sehr freuen.
In der Nacht auf Samstag regnet es leicht, am Morgen ist es windig und bewölkt. Wir fahren trotzdem zum „Winter Hill“ Aussichtspunkt und überblicken von da aus die ganze, sehr schön gelegene Stadt. Auf dem Weg zum „Whaler’s Way“ merken wir, dass die Bewilligung für die 12 Kilometer lange Naturstrasse entlang der Steilklippen im Süden der Eyre-Halbinsel nur im Visitor Center erhältlich ist. Deshalb begnügen wir uns mit dem Besuch der am südöstlichen Ende gelegenen „Fishery Bay“.
Am Abend dürfen wir es uns bei Regula und Walter im Wohnwagen gemütlich machen, sie laden uns zu einem Glas Wein ein und stellen noch allerlei Delikatessen dazu auf. „Chriesi“, die liebt Peter doch über alles!!! Wir versuchen wieder einmal möglichst viele Informationen auszutauschen, doch der Abend ist dazu fast zu kurz. Vielleicht kreuzen sich ja unsere Wege nochmals.
05.12. Der Ausflug auf dem Austernschiff fällt leider dem schlechten Wetter zum Opfer und deshalb beschliessen wir, weiter zu reisen.
Whyalla ist mit 22'000 Einwohnern hinter Adelaide die zweitgrösste Stadt Südaustraliens. Bei der Marina erschrecken wir ein wenig, alle im Hafen liegenden Boote sind durch roten Staub verschmutzt, auch Pflanzen und Gebäude sind rot. Wir finden die Ursache bald heraus: Im Hafen wird das in Iron Knob abgebaute Eisenerz verladen und der fast immer wehende Wind trägt den Staub über die halbe Stadt.
Am Montagvormittag buchen wir unter anderem die Fähre nach Tasmanien für 23. Januar. Wir haben vor, am 27. Februar wieder aufs Festland zurückzureisen. Bis wir alles erledigt und Peters neues Velo abgeholt haben ist es bald drei Uhr nachmittags. Deshalb bleiben wir noch eine Nacht in Port Augusta und Peter kann sogleich eine kurze Probefahrt unternehmen um Sitz und Lenker richtig einzustellen.
07.12. Um 07.30 sind wir zur Abfahrt bereit und weil die kürzeste Strecke nach Adelaide ein bisschen langweilig sein soll, folgen wir dem Ratschlag von Paul, dem Geschäftsführer von Tandy’s in Port Augusta, und fahren via Horrocks Pass über Wilmington, Gladstone und Clare. Die Gipfel der „South Flinders Ranges“ können wir nur erahnen, denn sie bleiben den ganzen Tag in dicken Wolken und Nebel verhüllt.
Ein weiterer Tipp von Paul sind die besten „Meat pies“ von Australien, welche angeblich von Dennis und Marg in der „Old Bakery“ Wirrabara gebacken werden sollen. Wir überzeugen uns bereits morgens um halb zehn selber davon und verzichten heute auf den Lunch. Die Fleischpasteten sind tatsächlich vom feinsten und gemäss Gästebuch sind wir nicht die ersten Schweizer, welche diesem Genuss nicht widerstehen konnten.
Im Clare Valley gibt es, nach den Getreide- und Schaffarmen, die ersten Reben und der Wein aus dieser Gegend soll demjenigen aus dem Barossa Valley in keiner Weise nachstehen.
Peter ruft Judy und Keith, die wir vor fünf ca. Monaten kennen gelernt hatten, im Barossa Valley an und wir werden ganz freundlich zum Tee eingeladen. Keith holt uns beim Campingplatz ab und wir plaudern eine ganze Weile im warmen Wohnzimmer, bis der Regen etwas nachlässt. Keith will uns unbedingt die „Whispering Wall“ (flüsternde Wand) zeigen, von der er bereits bei unserem ersten Zusammentreffen erzählt hatte. Wir sind sehr erstaunt, dass es sich dabei um eine Staumauer handelt und nicht, wie wir uns vorgestellt hatten, um die Wand eines Berges.
Judy und Keith stehen auf der einen Seite und wir, 140 Meter von ihnen entfernt, auf der anderen. Wir sprechen in ganz normaler Lautstärke miteinander und können sogar das Kratzen eines Schlüssels von der anderen Seite so deutlich hören, als ob wir nebeneinander stehen würden. Die Staumauer wurde vor über 100 Jahren gebaut und das Geheimnis der Ton-Übertragung kam zufällig zum Vorschein, als ein Vorarbeiter seinen Untergebenen zurechtwies weil sich dieser bei seinem Kollegen am anderen Ende der Mauer über einen unsinnigen Auftrag beklagt hatte.
Auf dem Rückweg lädt uns Judy spontan zum Nachtessen ein und wir sagen gerne zu, weil wir die beiden gut mögen. Wir freuen uns noch umso mehr, als es nun wieder heftig regnet und wir so die Gelegenheit haben, den Abend im Trockenen zu verbringen.
08.12. Peter verspürt die halbe Nacht Zahnschmerzen, ruft um 09.45 den Zahnarzt in Gawler an und erhält gleich einen Termin für 10.15. Die Begrüssung „Hello Peter, I’m John“ macht ihm den Arzt auf Anhieb sympatisch. Glücklicherweise findet dieser den Eiterzahn auf Anhieb und kann Peter von den Schmerzen befreien. Die Antibiotika Tabletten sollen nun noch das ihrige dazu beitragen und eine weitere Entzündung verhindern.
Um die Mittagszeit treffen wir auf dem direkt am Strand gelegenen Campingplatz in Adelaide ein. Das Wetter lädt leider nicht zum Sonnenbaden und Schwimmen ein, denn dicke Wolken verdecken noch immer die nur ab und zu hervorblinzelnde Sonne.
Am Abend hören wir von nebenan waschechtes „Innerschwyzer Dütsch“ und lernen so Millie und Peter (Harleyfahrer) kennen. Peter kann keine SMS in die Schweiz senden, aber wir kennen dieses Problem bereits und können helfen. Die gemütliche Plauderei bei Tee und Guetzli wird durch einen heftigen Regenguss jäh unterbrochen und wir sagen einander ganz überstürzt gute Nacht.
Donnerstag. Wir haben uns bereits am Dienstag bei Merrilyn und Rob angemeldet, die wir auf dem einsamen Campingplatz im Flora River Nature Park kennen gelernt hatten. Die zwei empfangen uns am späteren Nachmittag ganz herzlich. Wir dürfen in ihrem grossen Carport übernachten und Merrilyn kocht heute für alle ein feines Nachtessen. Wir tauschen viele Reiseerlebnisse aus und Rob zeigt uns die Videofilme ihrer Reise.
10.12. Merrilyn wird heute 65. Sie bekommt zwar viele Karten und Geschenke, doch eine Feier gibt es nicht. Unser Auto ist im kleinen Service in Hallet Cove, einem südlichen Vorort von Adelaide. Rob & Merrilyn zeigen uns derweil die Küste bis Normanville und Victor Harbour. Konrad führt inzwischen in aller Eile den Service aus, weil er meint, dass wir zu Fuss unterwegs seien und auf unser Auto warten.
Am Nachmittag fahren wir auf dem schnellsten Weg nach Nuriootpa, dem nördlichen Ende des Barossa Valley. Dort findet das weihnächtliche Treffen der „Festival Wanderers“ statt, das ist die südaustralische Sektion des Motorhome Klubs. Wir dürfen als Gäste daran teilnehmen und werden als erstes gleich allen Mitgliedern vorgestellt.
Es ist interessant, wie viel Wert hier auf den Austausch von Weihnachtskarten gelegt wird. Wir erhalten eine von Rob & Merrilyn und sogar noch eine von Frieda & John. Ein Pärchen, das wir in die Schweiz einladen sagt, sie kämen sowieso nicht, doch wenn wir die Adresse da lassen, würden sie uns gerne eine Weihnachtskarte senden. Nächstes Jahr werden wir also sehr beschäftigt sein, ja alle unsere Reisebekanntschaften aus Neuseeland und Australien mit einer Weihnachtskarte zu beglücken.
Samstag. Ron, ein ehemaliger Mitarbeiter der „St. John’s Ambulance“ erzählt uns, im Staat Südaustralien kämen neun der zehn weltweit giftigsten Schlangen vor und er schenkt uns für den Notfall ein dickes Erste Hilfe Buch. Nach einem gemütlichen Morgenspaziergang tut Peter etwas für seine Fitness und schwingt sich für eine gute Stunde aufs Fahrrad, doch dann kommt die kalte Dusche, Regen. Abends findet das Weihnachtsessen statt und nach dem Dessert beschenkt uns „Father Christmas“, bei uns Samichlaus genannt. Alle erhalten ein Geschenkli, das vorher von den Mitgliedern in die entsprechende Kartonkiste für Männer oder Frauen gelegt worden ist.
3. Advent. Wir wohnen im Clubzelt einem ungezwungenen Gottesdienst bei, der von Rob, unserem Gastgeber, geleitet wird. Es ist eine schöne Weihnachtspredigt, die uns nachdenklich und auch ein wenig traurig stimmt, weil wir auch dieses Jahr nicht im Kreise unserer Angehörigen werden feiern können.
Auf dem Nachhauseweg schauen wir bei John’s Juwellery herein. John ist Rob’s Sohn. Er hat das Uhrengeschäft seines Vaters übernommen und es mit Schmuck erweitert. Vor einer Woche wurde in seinem Geschäft bereits zum dritten Mal spektakulär eingebrochen. Die Einbrecher rammten mit einem gestohlenen Fahrzeug die Eingangstür und das Schaufenster und raubten Schmuck und Uhren im Wert von etwa $ 5000, doch der dabeiverursachte Schaden ist viel grösser.
Heute kochen wir für uns alle ein Curry und zum Dessert hat Peter in einer deutschen Bäckerei feine Schwarzwäldertorte gekauft. Nach dem Essen fahren wir in einen Stadtteil, wo ein behinderter Mann im Rollstuhl eine sehr aufwendige Weihnachtsbeleuchtung für sein grosses Haus aufgebaut hat.
Am Montag um elf Uhr treffen wir Sam, den Verwalter von David und Ruth’s Rebberg in Lobethal. Er zeigt uns stolz sein ganzes Weingut in den Adelaide Hills sowie einige der von ihm bearbeiteten Rebberge. Als Oenologe kennt er sein Metier und kann uns alle Fragen kompetent beantworten. Von ihm lernen wir auch einiges über die Geschichte Südaustraliens. So ist dies z.B. der einzige Staat, in welchen keine Gefangenen deportiert wurden und wo das Land von Beginn weg gekauft werden musste. Er lädt uns zum Lunch ein, bringt uns von Picadilly über die Hügel und durchs Onkaparinga Valley wieder zurück.
Heute werden fast alle Trauben maschinell gepflückt. In einer Nacht können so mit fünf Personen etwa 84 Tonnen Trauben geerntet werden. Es wird in der Nacht gepflückt, weil so der Saft nicht gekühlt werden muss und Mensch und Maschinen in der Kühle weniger beansprucht werden.
Das Ablesen von Hand ist bei den momentan nicht sehr guten Preisen viel zu teuer: Vierzig Personen pflücken an einem 8stunden Tag höchstens 15 Tonnen. Die insgesamt 400'000 Hektaren Land ergeben ungefähr 5'000 Tonnen Trauben.
Sam’s Eltern, die aus Italien stammen, waren von 1965 - 1984 Gemüsebauern in Picadilly und besassen ein florierendes Geschäft. Als jedoch der Verdienst mit Gemüse nicht mehr so hoch war pflanzte Sam 1984 die ersten Reben und hat die Fläche bis 2004 auf 200'000 Hektaren erhöht. Weil Rebberge in den letzten Jahren steuerlich eine sehr gute Investition waren, der Kaufpreis konnte innert nur vier Jahren von den Steuern abgesetzt werden, gibt es momentan ein Überangebot an Trauben. Aus diesem Grund wurde die Steuerpolitik entsprechend angepasst und der steuerliche Abzug wird auf 25 Jahre verteilt, was natürlich nicht mehr so attraktiv ist.
14.12. Als wir bei der Bahnstation eintreffen fährt der Zug in die Stadt gleich ein, doch weil ich nicht ohne Billet einsteigen will verpassen wir ihn. Sekunden nach der Abfahrt erfahren wir jedoch, dass die Fahrkarte nur im Zug gelöst werden kann. Dreissig Minuten warten ist ein wenig ärgerlich, aber wir haben ja noch den ganzen Tag vor uns.
In Adelaide gibt es einen dreistündigen Rundgang, auf welchem wir viele historische Gebäude und Denkmale sowie die Schottische Kirche, 1850 gebaut, und dahinter Adelaides ältesten Wohnblock aus dem Jahr 1911 sehen.
Als wir bereits ein bisschen müde sind vom Betrachten der alten Häuser klopft mir jemand auf die Schulter. Ich mache mich schon auf das betretene Gesicht der Person gefasst, die mich ganz bestimmt verwechselt haben muss. Zu unserem Erstaunen sind es Nadine und Cyprian, denen wir vor sehr langer Zeit in Exmouth begegnet sind. Sie waren damals ziemlich am Anfang ihrer Reise und es gibt bei heisser Schokolade und Tee einiges zu erzählen.
Rob besitzt eine BSA, Jahrgang 1950, die er mit seinen 78 ½ Jahren noch regelmässig ausfährt. Er ist Mitglied im Südaustralischen Veteranen- und Oldtimer-Verein, an dessen Jahresabschluss wir heute Abend teilnehmen dürfen. Bei uns würde dieser Anlass „GV“ genannt, hier ist jedoch alles ganz locker und innert etwa einer Viertelstunde ist der geschäftliche Teil vorüber, abgestimmt werden muss nichts.
Was danach folgt begeistert uns unheimlich: Jeremy Burgess, seit 2004 Cheftechniker des Yamaha Racing Team mit Valentino Rossi, erzählt über seine frühere Tätigkeit im Honda Rennstall und wie er mit Rossi zu Yamaha wechselte. In den Anfängen arbeitete er für Wayne Gardner (NSW) und Michael Doohan (QLD) bei Honda und war mitverantwortlich für viele Weltmeistertitel. Später wurde der Italiener Rossi von Honda verpflichtet, welcher ebenfalls mehrmals Weltmeister wurde, und auf 2004 zu Yamaha wechseln wollte, jedoch nur unter der Bedingung, dass ihn J.B. mit seinem Team begleitete. Jeremy Burgess schildert die ersten geheimen Treffen mit Yamaha so: „Ich wurde im Hotel angerufen, bekam einen Termin und wurde dann mit einer schwarzen Limousine vor dem Hotel abgeholt und weggefahren …“ Es kommt uns fast vor wie in einem Film, wenn wir ihn so berichten hören. Interessanterweise sehen wir kurz darauf die Zeitschrift „Motosport Schweiz“, in welcher ein Bericht über Rossi und seine Yamaha YZR-M1 # 46 erschien.
15./16.12. Wir verabschieden uns von Merrilyn und Rob, um mit Nadine und Cyprian in der Stadt noch einige Bücher auszutauschen. Via „Eagle on the Hill“ und Hahndorf, einem alten deutschen Ort, fahren wir nach Hackham zu Helga und Günter, die vor etwa vierzig Jahren nach Australien ausgewandert sind. Wir werden einmal mehr mit feinem Essen und einem bequemen Bett verwöhnt. Auf unsere Reise geben sie uns eingemachte Pfirsiche, Pflaumenmus und Zwetschgenkuchen mit. Als Andenken für Zuhause schenken sie uns sogar noch zwei Australien-Videos mit deutschem Kommentar. Herzlichen Dank für alles!
Zwischen Cape Jervis und Victor Harbour fährt Peter 42 km mit dem Velo über die hügelige kurvenreiche Strasse und freut sich an der tollen Aussicht.
Gegen Abend finden wir ausserhalb Goolwa, nach langem Suchen, Tricia und David’s Farm, nachdem wir bereits zwei Mal daran vorbei gefahren waren. Tricia ist gerade dabei mit ihrer Nachbarin Ros einen Reithof für die Pferde einzuzäunen, als Peter die beiden Frauen nach dem Weg fragen will. Sie erkennt Peter auf Anhieb, denn er hat sie ja vor ein paar Tagen angerufen und unser Kommen angekündigt.
Am Freitagmorgen fährt Peter mit David im Lastwagen Jahrgang 1958 in die Stadt, um die geernteten Bohnen zu wägen und sie dann auf der Farm ins Silo zu pumpen. Als nächstes füttern sie 1200 Schafe und bringen zwei verlorene Schafe wieder zu ihrer Herde zurück. Dann kommt der Tierarzt und untersucht das lahmende Pony „Heather“. Am Nachmittag füttern wir etwa 300 weitere Schafe und Tricia zeigt uns auf einer holprigen Fahrt ihre 800 Hektaren grosse Farm, die sie zusammen mit einem Vollzeit- und einem Teilzeitmitarbeiter bewirtschaften. Sie züchten Rinder, besitzen 1800 Schafe, Pferde, pflanzen Raps, Weizen und anderes Getreide, Bohnen und Gras für Heu oder Silage. Bei extremer Hitze trinkt ein Schaf bis 60 Liter und eine Kuh bis 100 Liter Wasser am Tag. So erleben wir einen ausgefüllten Farmalltag in Australien.
Am Abend fahren wir mit Tricia und den Kindern zum nahen „Currency Creek“ und riggen das kleine Segelboot auf um ein bisschen Spass zu haben. Nach zwei kurzen Fahrten zu zweit setzen wir uns zu fünft ins Boot um zu den Pelikanen auf der anderen Seite zu segeln, doch inzwischen fällt der Wind zusammen. Weil der Fluss nur einen Meter tief ist brauchen wir uns aber keine Sorgen zu machen. Die siebenjährige Amelia steuert uns dem Sonnenuntergang entgegen zurück ans Ufer (währenddem Peter und ich mit blossen Händen „Motor“ spielen, sprich paddeln, und Tricia die fünfjährige verängstigte Tessa tröstet).
Der Braten ist bereits gegrillt und die leckeren Beilagen sind auch gar. David hat bereits angerichtet und wir schlemmen gemütlich das verdiente Nachtessen.
Heute Samstag geht es weiter über Strathalbyn, Langhorne Creek, Wellington und mit der Gratis-Fähre über den Murray River. Langhorne Creek ist ein weiteres riesiges, bei uns jedoch nicht bekanntes Weinbaugebiet.
31.12.2004
19/20./21.12. In Robe machen wir einen Tag Pause um die Homepage zu aktualisieren. Als Unterbrechung am Sonntag erkunden wir das Städtchen, nachdem Peter mit dem Velo die interessanten Sehenswürdigkeiten bereits vorsondiert hat. Im Jahre 1857 kamen in Robe 45 Schiffe mit insgesamt 20'000 Chinesen an, weil diese die im Staat Victoria erhobene Einreisesteuer von £ 10.-- pro Goldsucher nicht bezahlen wollten. Die zirka 200 Meilen zu den Goldfeldern von Ballarat und Bendigo legten sie anschliessend zu Fuss zurück.
Das „Robe Gaol“, das alte Gefängnis, ist noch als Grundriss am Originalort zu sehen und wird zu historischen Zwecken erhalten. Es ist windig und sehr kühl, doch als wir am Montagmorgen erwachen lacht bereits die Sonne und es ist spürbar wärmer.
Die Orte Beachport und Mt Gambier, die letzte Stadt in SA, besichtigen wir auf einer beschilderten Rundfahrt. Mt Gambier ist am Ufer eines Vulkankegels gebaut worden und hier entdecken wir den Blue Lake, einen Kratersee, welcher jeweils im November seine normalerweise graue Farbe zum brillantesten blau ändert. Im März wird er dann wieder ganz gewöhnlich grau.
Um 12.05 kommen wir zum ersten Mal in den Staat, wo auch das Nummernschild unseres Fahrzeuges her ist: Victoria. Unterwegs wurden wir des Öfteren gefragt, von wo in Victoria wir genau kämen. Wir mussten dann jeweils erklären, dass wir noch gar nie da waren.
Die Landschaft ändert sich auf einen Schlag. Entlang der Strasse hat es dichte Büsche und links und rechts sind Wälder aufgeforstet. Die Holzwirtschaft hat zwar bereits vor Mt Gambier begonnen, aber in Südwest Victoria erscheint sie uns gleich viel ausgeprägter und eindrücklicher als vor der Grenze.
Portland, 1834 gegründet, rühmt sich die älteste Siedlung Victorias zu sein und ihr Frachthafen ist bedeutend für den Export von Wolle und Schafen in den Nahen Osten. Für das nahe Aluminium-Schmelzwerk wird Koks importiert. Die Stadt gefällt uns sehr gut, doch weil wir zu Weihnachten in Geelong sein wollen, verschieben wir deren ausführliche Besichtigung sowie die Gratis-Tour durch die Aluminiumwerke auf eine unserer nächsten Reisen.
Statt E-Mails zu beantworten machen wir uns einen gemütlichen Abend mit Christine und Werner. Trotz fürchterlicher Kälte halten wir es sehr lange aus und gehen erst kurz vor Mitternacht ins Bett. Es ist 14°C und wir frieren sogar noch unter unserer warmen Decke.
Dienstag. Auch Port Fairy ist eine der ältesten Siedlungen im Staat Victoria und war zur Zeit der grossen Seefahrer und Walfänger Australiens zweitwichtigster Hafen. Dieser liegt geschützt im Flussdelta des Moyne River, wo heute aber nur noch Flusskrebse und Fische gefangen werden.
In Warrnambool picknicken wir auf dem „Cannon Hill“. Hier, mit Blick über den „Lake Pertobe“ und das Meer, wurden Kanonen strategisch platziert um die Stadt gegen feindliche Anstürme zu verteidigen. Ein Denkmal, von der portugiesischen Regierung überreicht, erinnert an frühe portugiesische Entdecker. Wir schauen uns die Stadt, deren Name in der Aboriginal-Sprache „Ruheplatz zwischen zwei Flüssen“ bedeutet, nur kurz an und machen uns dann wieder auf den Weg.
Die über 300 Kilometer lange Great Ocean Road ist wohl die abwechslungsreichste und touristisch bekannteste Strasse, die wir in Australien gefahren sind. 1917 wurde „The Great Ocean Road Trust“, einer Bürgerinitiative folgend, gegründet um aus dem 1. Weltkrieg zurückgekehrte Soldaten zu beschäftigen. Der Strassenbau erfolgte ab 1919 in Etappen und war abhängig von der Verfügbarkeit von Arbeitern und Geld. Insgesamt arbeiteten 3000 ehemalige Soldaten mit Pickel und Schaufel. Baumaterialien waren Steine und natürliche Materialien aus der Gegend. Ab 1922 wurde Strassenzoll verlangt bis die Regierung im Jahre 1936 die Strasse und deren Unterhalt übernahm. Die Great Ocean Road erfüllte den Traum, die am Meer gelegenen Orte zu verbinden, die Küste dem motorisierten Verkehr zugänglich zu machen und eine der weltweit schönsten Küstenstrassen zu erstellen. Heute reicht die Great Ocean Road von Nelson (dem südwestlichsten Ort in Victoria) bis nach Torquay (etwa 100 Kilometer südwestlich von Melbourne) und jährlich passieren 1.2 Millionen Fahrzeuge den „Great Ocean Road“-Gedenkbogen in „Eastern View“.
Mittwoch. Wir übernachten in Port Campell und sind am Morgen enttäuscht, dass der Himmel Wolkenverhangen ist. Thunder Cave ist vermutlich bei starkem Wellengang am eindrücklichsten, denn erst dann hört man das Tosen und Grollen des Meeres in dieser Höhle so richtig. In der Loch Ard Gorge folgen wir dem beschilderten Schiffswrack-Weg und lesen dabei einiges über das berühmteste Wrack der „Shipwreck Coast“, die Loch Ard. Sie lief 1878 trotz zähem Kampf von Kapitän und Crew auf ein Riff auf, sass fest, wurde von Wellen überspült und sank. Von den 36 Crew und 18 Passagieren überlebten lediglich zwei junge Menschen, die in diese Schlucht gespült wurden.
Die „zwölf Apostel“ sind die bekanntesten Kalksteinformationen an der rauen Küste der Great Ocean Road und wenn man sie, so wie wir beim zweiten Anlauf, im strahlenden Sonnenschein erlebt, absolut faszinierend. Sie gehören zu den meistfotografierten Sujets der gesamten Australischen Küste.
Eigentlich haben wir uns unter dem „Melba Gully State Park“ nichts Spezielles vorgestellt, dass es sich dabei jedoch um einen Regenwald handelt überrascht uns sehr. Wir meinten nämlich, die Regenwälder kämen nur im Nordosten Australiens sowie in Tasmanien vor.
Die Strassen sind so schön und kurvenreich in der hügeligen Landschaft, dass wir vom Motorradfahren träumen und zu schwärmen beginnen. Immer wieder fahren wir gegen das türkisblaue Meer hinunter und hinein in üppige Wälder – einfach fantastisch!
23.12. Nach dem 70minüigen Marsch zum Paynters Hill, von wo wir eine grossartige Aussicht auf den Cape Otway Leuchtturm haben, verlassen wir den hübschen, ruhigen Campingplatz Bimbi nahe des Cape Otway Nationalparks.
Auf dem betriebsamen, stadtnahen (und furchtbar teuren) Campingplatz in Torquay wollen wir vor Weihnachten noch über 40 E-Mails erledigen. Eine Nacht kostet $ 40.--. Peter ist entsetzt und fragt nach einem Platz ohne Stromanschluss, denn so viel haben wir bisher noch nie bezahlt. Plätze ohne Elektrisch werden jedoch in der Hochsaison (von Weihnachten bis Mitte Januar) nicht angeboten, doch weil wir nur eine Nacht bleiben macht der Campingwart eine Ausnahme und verlangt lediglich $ 25.--, inklusiv Strom.
Am Freitag, 24.12., reisen wir von Torquay nach Geelong, besuchen kurz die „Eastern Beach“ und suchen dann David & Ruth’s Geschäft „Kwik Kopy“, wo zum Ausklingen vor den Weihnachtsferien ein Barbecue für die Belegschaft stattfindet. Wir dürfen teilhaben und lernen dabei das gesamte aufgestellte zehnköpfige Team des florierenden Druckunternehmens kennen. Am Abend sitzen wir mit Leanne, Graham (Ruth’s Tochter und David’s Bruder) und deren drei Kinder gemütlich zusammen bei Fish, Chips und ein paar Drinks.
Der Weihnachtstag beginnt bereits am Morgen früh, denn dann ist grosse Bescherung. Die drei Kinder können kaum warten und rütteln an unserem Fahrzeug, weil bei der Geschenkverteilung alle Gäste anwesend sein müssen. Sie lärmen derart, dass vom Weiterschlafen nicht zu träumen ist. Also stehen wir nach einer kurzen Nacht bereits um 06.30 Uhr wieder auf und wohnen bei Kaffee und Tee ebenfalls dem weihnächtlichen Geschehen bei. Zu unserer grössten Überraschung werden auch wir reich beschenkt. Danach gibt es ein reichhaltiges Frühstück mit Früchten und Müesli. Wir fühlen uns hier als Teil einer grossen Familie, so herzlich werden wir von allen aufgenommen.
Der Champagner Apéro mit Brandy-Erdbeeren und einem Zuckerwürfel ist erfrischend (aber gefährlich).
Zum Weihnachtsschmaus am Mittag gibt es gefüllten Truthahn, Schweinsbraten und Schinken mit verschiedenen Gemüse und Kartoffeln. Zum Dessert wird der traditionelle „Christmas Pudding“ (kein richtiger Pudding sondern ein im Wasserbad gekochter Frucht-Kuchen) mit Brandy-Custard (eine Art Vanillesauce mit Brandy) und Rahm gereicht. An diesem Festessen nehmen auch David und Grahams Mutter Betty und Schwester Jean teil, der unglückliche Vater liegt leider mit einer Infektion im Spital.
Gegen Abend trifft noch Ruth’s Vater Harry ein, um ein wenig mitzufeiern. Peter unterhält sich prächtig mit dem über 80jährigen Mann über alte Motorräder und seine Rennkarriere. Kinder wie Erwachsene probieren die verschiedenen Weihnachtsgeschenke an und aus.
Beim Film „Sleeping Beauty“, den der kleine Matthew geschenkt bekommen hat, schlafen die einen gleich ein (schliesslich heisst der Film ja auch „Schlafende Schönheit“) und die anderen kämpfen angestrengt darum, wach zu bleiben. Zuletzt weiss auf jeden Fall niemand ganz genau, wie es doch noch zum erwarteten „Happy End“ gekommen ist.
Der Stefanstag, 26. Dezember, heisst hier „Boxing Day“. Mit dem Box-Sport hat dies allerdings gar nichts zu tun. Der Ausdruck stammt aus früheren Zeiten, als wohlhabende Leute mit kleinen „Boxen“ (Schachteln) Geld für arme Leute gesammelt haben. Freunde und Verwandte der Deahls (unserer Gastfamilien) sind zum Apéro eingeladen und es werden mindestens vierzig Personen erwartet. Wir lernen so viele interessante Leute kennen, einige von ihnen werden wir in den nächsten Tagen/Wochen noch besuchen. Die Kinder haben ihren Spass im Schwimmbecken mit tauchen, spielen, schwimmen und plantschen.
27.12. Das Victoria-Wetter ist heute nicht gerade freundlich. Ueber Nieselregen, Hagel, kurzen Sonnenschein, starken Wind und heftigen Regen erleben wir alles. Die Temperatur ist auch entsprechend – fürchterlich kalt!
28.12. David & Ruth zeigen uns die Bellarine Halbinsel mit der Corio Bay und der Port Phillip Bay. Über Portarlington und Indented Head fahren wir nach Queenscliff, von wo eine Fähre nach Sorrento auf die Melbourne-Seite führt. Queenscliff ist ein sehr hübsches, betriebsames und offenbar auch teures Städtchen. Wir geniessen im Ozone Hotel einen feinen Lunch und lesen einige Tage später in der Zeitung, dass dessen obere zwei Stockwerke für 5 Mio. Dollar (ca. 4.5 Mio. CHF) in Appartements umgebaut werden sollen.
Der südlichen Küste entlang über Ocean Grove und Barwon Heads geht es wieder zurück nach Geelong. Schade, dass es so kalt, regnerisch und windig ist, sonst könnten wir noch ein paar schöne Wanderungen unternehmen.
29.12. Peter verspürt einmal mehr während der Nacht und am morgen früh unerträgliche Zahnschmerzen. David ruft seinen Zahnarzt an und Peter bekommt einen Termin für nachmittags um 4 Uhr. Vorher besuchen wir in Torquay gemeinsam das Surf-Museum, wo Surfbretter aller Art (von abgeänderten Türen bis zum modernsten kleinen Leichtgewicht-Brett) zu bestaunen sind.
Donnerstag, 30.12. Tagwache für Peter ist um 04.50 Uhr. Er darf mit Stuart, David und Graham auf einen Bootsausflug zum Fischfang und sie müssen bereits um sechs Uhr früh in Queenscliff sein. Mit dem Bootsführer Chrys und Bob als Crew verleben sie einen interessanten Tag. Peter fängt einige ungeniessbare Fische und einen feinen Barracouta. Während er mit den Fischen kämpft habe ich endlich wieder einmal Zeit zum Flicken, Waschen, Einkaufen. Dies alles sind Sachen, die normalerweise nicht in unseren Tagesablauf eingeplant werden.
Stuart und Margret bereiten den leckeren Fisch zu und laden am selben Abend die ganze „Mannschaft“ zum feinen Nachtessen mit Salat ein.
Nach dem Nachtessen werden uns die alten, restaurierten Fahrzeuge vorgeführt. Stuart fährt uns nacheinander im Holden Jg. 1968 und im etwas jüngeren roten Ford V8 durch einen Teil von Geelong. Leanne chauffiert uns in Grahams Jaguar Jg. 1976, mit welchem er auch Rennen fährt, in eine andere Richtung.
Wir finden die pulsierende Stadt mit ungefähr 200’000 Einwohnern sehr attraktiv. Eastern Beach mit seinen Schwimmbecken, Parkanlagen und Spielplätzen ist seit siebzig Jahren der beliebteste Platz um sich abzukühlen, ein Picknick zu veranstalten, oder einfach nur zu promenieren. Die Becken und Parks wurden im Zeitraum von zehn Jahren gebaut und 1939 fertig gestellt.
Silvester. Die Fahrzeuge sind aufgetankt und voll gepackt. So starten wir mit Ruth & David unsere zehntägigen Ferien mit ein paar Tagen in Mallacoota, der östlichsten Ecke Victorias, wo wir bei Ruth’s Bruder John und dessen Frau Janne im Garten campieren dürfen.
Die 600 Kilometer fahren wir zwar zügig, aber trotzdem in zwei Etappen. Nach einem lange ersten Tag stoppen wir in Swan Reach zum Übernachten. Als Silvester-Menu essen wir im Pub ein feines Steak und stossen um Mitternacht auf dem Campingplatz mit David und Ruth aufs Neue Jahr an.
Wir schauen auf ein Jahr mit vielen interessanten Begegnungen, einsamen Stränden und sagenhaften Wüstenlandschaften zurück. Eindrückliche Erlebnisse und unvergessliche Stunden mit lieben Menschen sind uns in lebhafter Erinnerung.
WIR WÜNSCHEN EUCH ALLEN FÜRS 2005 VIEL GLÜCK, ERFOLG UND VOR ALLEM GUTE GESUNDHEIT!